Den Dresdner Filmemachern Bernd Kilian und Tilo Schiemenz bescherten die Jahre nach der Wende einerseits neue kreative Freiheiten und andererseits jede Menge Stoff, den sie in kleine Filmkunstperlen verwandelten. Die SLUB Dresden und Filmverband Sachsen haben die alten Streifen im Rahmen des SAVE-Programmes digitalisiert, nun sind sie im April beim Filmfest Dresden zu sehen.
Dem einen scheint’s, als sei es gestern erst gewesen, der anderen mögen Bilder aus der Nachwendezeit wie aus einer längst vergangenen Epoche scheinen. In den Jahren nach dem Mauerfall, entdeckten auch in Dresden die einen das Abenteuer Marktwirtschaft, die anderen sich selbst. Manche mühten sich, die Umwertung aller Werte zu überleben, wieder andere nutzten die neugewonnene Freiheit, um sich endlich – auch künstlerisch – auszutoben. Zwischen Bürgerlichkeit und Bohème sowie weiteren Spielarten ostdeutscher Existenz dieser Zeit herrschte nicht immer eitel Harmonie, oft prallten Welten aufeinander. So wie in Tilo Schiemenz‘ Film »Pilgrim«, wo der Kunstwillen im verfallenen Hinterhof die selbstgezimmerte Theaterbühne entert und das Bürgertum angesichts so viel fröhlicher Anarchie zur Waffe greift. Oder aber wie in Bernd Kilians »5:54«, wenn im Plattenbauviertel die Konfrontation völlig gegensätzlicher soziokultureller Milieus in unerwarteter Harmonie endet.
Die beiden Dresdner Filmemacher, Kilian und Schiemenz, haben in ihren Werken die Realitäten der 1990er und frühen 2000er Jahre dokumentiert, indem sie diese in Filmkunst übersetzten. Der eine vornehmlich im Kurzfilm, der andere in längeren Formaten. Was dabei herauskam, waren keine profitträchtigen Hochglanzproduktionen – aber wichtige Zeitzeugnisse, Spiegel dieser Stadt, einer Ära, eines Lebensgefühls. Nun werden Teile ihres Werkes wieder im Kino erlebbar.
Screening mit Regisseuren (und Häppchen)
Wie schon in den vergangenen Jahren geben der Filmverband Sachsen und die Sächsische Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek Dresden (SLUB) auch beim nunmehrigen 36. Filmfestes Dresden einen Einblick in ihr gemeinsames Digitalisierungsprogramm zur Sicherung des audio-visuellen Erbes in Sachsen (SAVE). Unter dem Titel »Als wär’s gestern« sind am Mittwoch, dem 17. und am Sonntag, dem 21. April Ausschnitte aus den Filmen von Tilo Schiemenz sowie vier Kurzfilme von Bernd Kilian zu sehen. Falls diese beim geneigten Publikum Fragen hinterlassen sollten, kann geholfen werden: Bei beiden Veranstaltungen sind die Regisseure anwesend und stehen im Rahmen eines Filmgesprächs Rede und Antwort. Leuten mit Abendfreizeit unter der Woche empfehlen wir übrigens die Veranstaltung am Mittwoch im Lingnerschloss – hier lädt der Filmverband vor Beginn der Aufführung (ab 18 Uhr) alle Ticketkäufer zu einem kleinen Empfang mit Snacks und Getränken ein.
»Als wär’s gestern«
Ausschnitte aus dem Programm zur Sicherung des audio-visuellen Erbes in Sachsen (SAVE) im Regionalen Fokus des 36. Filmfestes Dresden
Mittwoch, 17.04., Lingner-Schloss, 19 Uhr
Sonntag, 21.04., Schauburg, 18.30 Uhr