Ob als Sagen- oder als Filmgestalt, wenigstens einen Sorben dürften die meisten Deutschen kennen: „Krabat“. Genau deswegen kommt der im „Regionalen Fokus“ des Rahmenprogramms beim Filmfest Dresden nicht vor. Sondern es gibt Einblicke in sagenhaftes historisches Filmmaterial von der und über die wenig bekannte ethnische Minderheit ganz im Osten Deutschlands. Digitalisiert im Rahmen des SAVE-Programmes und live vertont vom sorbischen Musiker Paul Geigerzähler.
Nach Ende des Zweiten Weltkrieges waren beide deutsche Staaten ethnisch weitgehend homogen. Doch neben den allgegenwärtigen Deutschen gab es noch vier autochthone Minderheiten: deutsche Sinti und Roma, im Norden der BRD die Dänen und die Friesen und im Südosten der DDR die Lausitzer Sorben. Letztere sind auch heute jenseits ihrer Siedlungsgebiete in Brandenburg und Sachsen im Hinblick auf ihre Kultur und Geschichte wenig sichtbar. Dabei hat es eine ihrer Sagengestalten unter die deutschen Literaturklassiker geschafft – Otfried Preußlers »Krabat« dürfte für viele Deutsche nach wie vor die einzige Begegnung mit dem Sorbischen sein. Stellten die Sorben bis 1945 in vielen Dörfern der Lausitz noch die Mehrheit, so wurden sie mit der Ansiedlung von Flüchtlingen aus den ehemals deutschen Ostgebieten und dem massenhaften Zuzug von Arbeitskräften in die braunkohlereiche Region wenige Jahre später zunehmend auch in ihren alten Siedlungsgebieten zur Minderheit. Die Sprachen der Sorben (Nieder- und Obersorbisch) drohten auszusterben, ihre Traditionen und Bräuche gerieten im Zeichen der »vorbildlichen« Minderheitenpolitik der DDR mehr und mehr zur Folklore.



Im »Regionalen Fokus« präsentieren die Sächsische Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek Dresden (SLUB) und der Filmverband Sachsen im Rahmen ihres gemeinsamen Digitalisierungsprogramms zur Sicherung des audio-visuellen Erbes in Sachsen (SAVE) historisches Filmmaterial aus der Lausitz, welches in Kooperation mit dem Sorbischen Institut digitalisiert wurde. Es zeigt zum einen Aufnahmen noch authentisch gelebter sorbischer Traditionen, zum anderen aber auch den Prozess der zunehmenden Folklorisierung. Mit dem sorbisch-deutschen Filmnetzwerk Łužycafilm holten sich Filmverband und SLUB einen weiteren fachkundigen Partner zum Lausitzer Filmerbe ins Boot. Gemeinsam haben die drei Akteure ein Programm mit Dokumentarmaterial zu den Anfängen sorbischen Filmschaffens kuratiert, in dessen Fokus die kulturellen Traditionen der Sorben stehen – insbesondere auch auf musikalischem und tänzerischem Gebiet.
Sagenhaft sorbisch
Unter dem Titel »Sagenhaft sorbisch« sind am Mittwoch, dem 9. und am Sonntag, dem 13. April Ausschnitte aus dem historischen sorbischen Filmmaterial zu sehen. Die musikalische Untermalung des weitgehend stummen Filmmaterials übernimmt der sorbische Musiker Paul Geigerzähler, der mit seiner ganz eigenen Interpretation musikalischer Überlieferungen eine Brücke in die Gegenwart schlägt. Für die Einordnung der ethnologischen und (film-)historischen Aspekte sorgen Dr. Theresa Jacobs und Dr. Robert Lorenz vom Sorbischen Institut, das ein umfangreiches Konvolut historischen Filmmaterials mit sorbischem Bezug in die Gegenwart retten konnte.
Vor der Veranstaltung am Mittwoch im Lingnerschloss laden der Filmverband und Łužycafilm ab 18 Uhr zu einem kleinen Empfang.
»Sagenhaft sorbisch«
Ausschnitte aus dem Programm zur Sicherung des audio-visuellen Erbes in Sachsen (SAVE) im Regionalen Fokus des 37. Filmfestes Dresden
Mittwoch, 09.04., Lingner-Schloss, 19 Uhr
Sonntag, 13.04., Schauburg, 17.30 Uhr
Das Landesprogramm zur Sicherung des audio-visuellen Erbes in Sachsen (SAVE) ist ein Gemeinschaftsprogramm der SLUB Dresden und dem Filmverband Sachsen, es wird finanziert durch Steuermittel auf der Grundlage des vom sächsischen Landtag beschlossenen Haushaltes.