Der Fotograf Erich Gamnitzer (1898–1969) versuchte sich in den 1930er Jahren auch als Amateurfilmer – und zwar mit der damals noch ganz neuen 8-mm-Technik. Dass seine Filme nun über die SLUB-Mediathek abrufbar sind, verdanken wir – nebst einigen spannenden Details zu ihrer Entstehung – seinem Sohn Jörn Gamnitzer, der das historische analoge Material über das Programm zur Sicherung des audio-visuellen Erbes in Sachsen (SAVE) digitalisieren ließ.

Das Strandbad von Planitz, eröffnet 1932, muss zu seiner Zeit eine kleine Berühmtheit gewesen sein. Es bot tatsächlich einen richtigen Sandstrand, ultramoderne Funktionsgebäude und vor allem eine äußerst futuristische Wasserrutsche. Heute ist Planitz nach Zwickau eingemeindet, den Strand im Bad gibt es nicht mehr und die historische Rutsche auch nicht. Dass wir von ihr wissen und sie sogar im Bewegtbild bewundern können, haben wir Erich Gamnitzer zu verdanken. Der Fotograf und Gitarrenlehrer lebte mit seiner großen Mehrgenerationenfamilie in Oberplanitz und war offenbar ein Fan der neusten technischen Entwicklungen. Schon kurz nach Einführung des modernen Farb-Diafilms 1936 machte Gamnitzer damit erste Aufnahmen.

Einige Jahre zuvor, zeitgleich mit der Eröffnung des Planitzer Strandbades, hatte die amerikanische Firma Kodak den 8-mm-Schmalfilm herausgebracht. Mit diesem Filmformat wollte das Unternehmen Filmamateure erreichen: Zum einen war das neue Format preislich günstiger als die bis dahin üblichen 16-mm- und 35-mm-Filme, zum anderen waren die Kameras wesentlich handlicher. Erich Gamnitzer begann 1937 mit der 8-mm-Technik zu experimentieren, bald zum Teil gleichfalls mit damals eher unüblichen und kostspieligen Farbfilmen. Gamnitzer drehte vor allem im heimischen Umfeld von Zwickau und später Glauchau. Erhalten sind vor allem Aufnahmen seiner Familie mit Ehefrau Johanne und den Kindern Karin, Svend und Jörn, ein Ort des Geschehens ist immer wieder das Strandbad. Der Bestand, den Sohn Jörn Gamnitzer über SAVE für die Nachwelt sichern ließ, umfasst zudem Aufnahmen von Ausflügen, zum Beispiel auf den Rummel oder in den Leipziger Zoo, und von Ferienreisen. Frappierend sind Urlaubszenen aus Tirol, entstanden wohl 1942: Sie zeigen eine unbeschwerte, idyllische Sommeratmosphäre zu einer Zeit als Teile Europas bereits in Trümmern lagen.

Anders als die Fotografie, die Gamnitzer professionell betrieb – seine Arbeiten sind heute in Teilen im Bestand der Deutschen Fotothek zu finden –, blieb die Schmalfilmerei immer ein Hobby. Nur sporadisch griff er bis ca. 1960 zur 8-mm-Kamera, die Aufnahmen sind oftmals spontan entstanden und blieben überwiegend ungeschnitten und unbearbeitet. Zuweilen zeigen sie aber auch Gamnitzers fotografisch tolles Spiel mit Licht und Schatten ebenso wie den großen Sinn für Humor in der Familie. Die 19 Filmrollen haben heute weit mehr als nur genealogische Bedeutung. Sie sind aufschlussreiche Spiegel des Zeitgeschehens und spannendes, noch wenig bekanntes Material für verschiedene Wissenschaftsdisziplinen – sei es in der Forschung zur Mode (Frau Gamnitzer trug gelegentlich verwegene Kopfbedeckungen!) oder zur Geschichte von zoologischen Gärten und jahrmarktlichen Fahrgeschäften. Und nicht zu vergessen: Ohne Erich Gamnitzers Familienfilme wüssten wir heute kaum etwas vom ursprünglichen Planitzer Strandbad.

Filme von Erich Gamnitzer in der SLUB-Mediathek
Erich Gamnitzer im Bestand der Deutschen Fotothek